Besuch in den Staaten und Abschiednahme

Noch 292 Stunden, dann heißt es endgültig Abschied von Kanada nehmen. Zwar sind weder Jonas noch ich so richtig heiß darauf, das Jugendzentrum und die Liebenzeller Mission in Kanada auf unbestimmte Zeit hinter uns zu lassen, aber wir wollen auch nicht ja auch nicht auf der Stelle treten.

Die letzten beiden Wochen waren vollgepackt mit Erlebnissen. Die Zeit mit meiner ehemaligen Austauschfamilie habe ich wahnsinnig genossen. Aufgrund meines inzwischen „leicht verwahrlosten“ Äußeren erkannten sie mich zwar zuerst nicht wieder, aber das tat meiner Zeit im Westen Amerikas keinen Abbruch.

Zuallererst besuchten wir die 27 Meter hohe Statue, „Our Lady of the Rockies“, die hoch über der Stadt Butte thront. Eine halbtägige Tour auf einer kurvenreichen Bergstraße bot uns eine spektakuläre Aussicht und eine inspirierende Geschichte. Die Marienstatue wurde ausschließlich durch Spenden finanziert und durch freiwillige Helfer fertiggestellt. Mit ihren 27m, oder auch 90 Fuß, stellt sie die dritthöchste Statue in den vereinigten Staaten dar.

Am zweiten Tag half ich Eric beim Umziehen, denn er wird im nächsten Semester in einer rund eine Stunde entfernten Stadt sein Studium fortsetzten. Dienstags ging es dann auf den „Big Hole River“, auf dem wir ein Raft absetzten und uns dann flussabwärts treiben ließen. Der Fluss war recht klein und „intim“, sodass wir nur wenigen Personen, vor allem Fliegenfischern, begegneten.  Aufgrund des sehr regenreichen Sommers bestand ein hoher Durchfluss, es gab also viele Sloughs (in etwa ein Sumpf/langsam treibender Flussabschnitt) und Seitenkanäle zu erkunden.  Ein Großteil des Flusses lag nicht in der Nähe von Straßen und bat deshalb einen ausgezeichneten Lebensraum für Wildtiere. Vor allem Vögel wie beispielsweise Weißkopfseeadler waren keine Seltenheit. Beim Vor-sich-hertreiben bestand einzig und allein die Gefahr, dass unser Boot sich nicht unter den immer wiederkehrenden Brücken hindurchzwingen ließe, aber von solchen Unannehmlichkeiten blieben wir glücklicherweise verschont.

Montana State Capitol

Am Mittwoch gingen wir den Tag deutlich ruhiger an und schlenderten nur durch die historische Innenstadt von Butte. Der letzte volle Tag, den ich mit Eric und seiner Familie verbringen durfte, war dann aber vollgespickt mit Höhepunkten. Morgens besuchten wir zunächst Montanas Hauptstadt, Helena. Montanas „kleines Kapitol“ wurde, wie sollte es auch anders sein, als Goldgräbersiedlung in den 1860er-Jahrne gegründet. Heute befindet sich hier im Zentrum des Ortes eine Fußgängerzone mit zahlreichen historischen Gebäuden und kleinen Shops. Anhand der zahlreichen viktorianischen Herrenhäuser kann man erkennen, dass hier einige Bürger ein Vermögen verdient haben. Äußerst sehenswert fand ich auch das direkt an die Stadtmitte angrenzende Montana State Capitol, also der „Landtag“ Montanas.

Nachmittags fuhren wir dann zum Yellowstone-Nationalpark, damit ich zum ersten Mal einem Bären in freier Wildbahn begegnen konnte (Jonas hatte ja bereits vorgelegt). Wir hatten den Westeingang bereits hinter uns gelassen und waren auf dem Weg zu einem Aussichtspunkt, auf dem Grizzlys häufig beobachtet werden können. Wir witzelten ein wenig, ob die Felsbrocken am Hang zum besagten Punkt nicht vielleicht ein Bär sein könnten, bis sich einer dieser Felsbrocken tatsächlich bewegte und sich als Bär entpuppte. Natürlich blieb dieses Spektakel auch von den anderen Parkbesuchern nicht unentdeckt, und so bildete sich schnell eine Menschentraube. Doch das schien den Bären, scheinbar auf der Futtersuche, kaum zu stören. Der Bär und wir waren nur rund 20 Meter voneinander entfernt. Getrennt nur durch einen kniehohen Zaun und ein schmales Flussbett. Beides hätte der Grizzly mühelos überwinden können. Allerdings, so ließ ich mir sagen, geht die Wahrscheinlichkeit gegen Null, dass ein einzelner Bär eine große Menschenmasse angreift, ich fühlte mich also direkt viel sicherer. So war es einfach nur klasse, einen Grizzlybären in der freien Wildbahn zu treffen.

Bisher war im Sommer im RE:SOUL leider ein bisschen weniger los, da viele einen Ferienjob haben oder die freie Zeit dafür nutzten, zu campieren oder in einer Hütte zu übernachten. Dafür hat man mehr Zeit mit den Jugendlichen, die kommen und muss nicht die ganze Zeit dafür sorgen, dass die Besucher Blödsinn anstellen. Heute eingerechnet, werden wir noch exakt viermal bei den Drop-Ins dabei sein.

Das gab Jonas und mir dann auch Anlass, über unsere Form der Verabschiedung und Danksagung nachzudenken. So waren wir diesen Montag mit ein paar Freiwilligen aus dem Jugendzentrum zu Mittagessen und verbrachten den restlichen Teil des Tages auf ein Letztes mit Team Georgetown. Gemeinsam spazierten wir entlang des Lake Ontarios, spielten Frisbee und hatten gute Gespräche. Letzten Mittwoch luden wir dann zu einer Poolparty in unserem Garten ein, den unsere Gastfamilie uns großzügig zur Verfügung gestellt hatte.

Um unsere Arbeit und Leben als Team auch nochmal groß zu zelebrieren, haben wir dieses Wochenende einen Trip der besonderen Art vor uns, doch dazu will ich jetzt nicht allzu viele Worte verlieren…