Wochenendtrip mit Freunden (und Jonas)

Im letzten Beitrag habe ich ja ganz beiläufig erwähnt, dass drei meiner Freunde unseren (nicht tristen) Alltag hier in Kanada für knappe zwei Wochen mitmischen werden. Im nachfolgenden Bericht geht es nun in erster Linie darum, was wir an dem einzigen gemeinsamen Wochenende alles erlebt haben.

Das erste was mir aufgefallen ist, wenn man so aus der urbanen Region fährt, ist die Ruhe. Ich meine so richtige Stille. Nicht die Aussicht, die Gegend oder das Wetter, sondern die Stille viel mir besonders auf. Wir leben zurzeit in einer Stadt mit über 100.000 Einwohnern und sind oft von Lärm umgeben. Selbst wenn wir uns drinnen aufhalten, mit geschlossenen Fenstern natürlich, können wir uns nicht von allen Geräuschen der Zivilisation abschotten. Aber in dem Hinterland hört man wahrlich nichts. Und diese Entdeckung war für mich schon eine kleine Sensation.

Zunächst einmal verschlug es uns nach Bruce Peninsula, einer kanadische Halbinsel im Huron-See. Was einem dort geboten wird, klingt eigentlich nach dem idealen Urlaubsziel – im Sommer. Es gibt Strände satt, einen grandiosen Nationalpark und ein Fischerort, genannt Tobermory. Hier könnte man baden oder auch nach Schiffswracks tauchen, wenn nicht der ganze See zugefroren gewesen wäre. Dazu gesellt sich, dass all das nur wenige Autostunden von Toronto entfernt liegt. Und so hat Jonas als erstes Ziel für unseren Wochenendtrip einen kleinen unscheinbaren Zielort entdeckt, der besonders durch seine Vielfalt überzeugt.

Der Bruce Peninsula National Park ist zwar nicht groß und kommt den Kanadiern auch viel weniger in den Sinn im Gegensatz zu den beiden bekannten Nationalparks, Algonquin und Killarney Provincial , denen wir noch später einen Besuch abstatten sollten, aber dennoch kann er ihnen allemal das Wasser reichen. Im Sommer werden am Ufer des Parks viele Bootstouren angepriesen. Da wir aufgrund der Jahreszeit eine solche Tour kategorisch ausschließen konnten, wanderten wir. Neben der oben angesprochenen Stille war die Weite eine weitere Tatsache, die mir sofort aufgefallen ist. Nach nur wenigen Kilometern gab es auch schon die erste Sehenswürdigkeit. Eine Höhle, die in Tausenden von Jahren entstanden ist. Die Wasserwellen des Georgian Bays haben sich langsam durch das Gestein durchgerungen. Es gibt ein Loch an der Decke, das Sonnenschein hineinlässt und unter der Höhle gibt es einen Wassertunnel, in dem man im Sommer durchschwimmen kann. Generell war ich sehr überrascht wie wenig Sicherung es am Rande der Klippe gab.

Anschließend und am darauffolgenden Morgen fuhren wir nach Tobermory, der nächsten Ortschaft. Eigentlich handelt es sich mehr um einen Hafen mit ein paar Häusern. Dort kauften wir auch unsere Lebensmittel. Witzigerweise gibt es dort auch einen Afrika-Shop mit lauter afrikanischen Souvenirs, wie Totems oder Skulpturen. Man weiß ja nie, an welchen entlegenen Orten so eine einfache Trommel noch nützlich werden könnte.

Spät abends am Samstag kamen wir dann im Algonquin Provincial Park an, der zwischen dem Georgian Bay (dem Tagesziel am davorliegenden Freitag) und dem Ottawa River liegt. Es handelt sich hierbei um den ältesten Naturpark Kanadas, der Größenmäßig die eineinhalbfache Fläche der Provinz „Prince Edward Island“ umfasst. Der Algonquin Provincial Park ist ein beliebtes Erholungsziel für die „‎Ontarians“ (die Bewohner Ontarios), insbesondere aus Toronto und Ottawa, aber auch ein Touristenmagnet. Etwa 750.000 Touristen besuchen jedes Jahr den Park und machen dort Tages- oder mehrtägige Wanderungen oder Kanutouren. Im Park leben Elche, Schwarzbären, Wölfe und Biber. Auch hier reichte es für uns des Zeitdrucks wegen leider nur für eine kleine Wanderroute, weshalb wir auch nichts von der im Park lebenden Fauna mitbekamen.

Bevor es uns am Sonntag zum Abschluss unseres Roadtrips nach Manitoulin Island verschlagen sollte, gingen wir in die zu unserer Unterkunft angrenzende Kirche. Trotz einer grandiosen Predigt darüber, wie man aus dem persönlichen Bibelstudium das meiste herausholt, machte unsere kleine fünfköpfige Gruppe die Hälfte der Besucher aus.

Nachmittags befanden wir uns bereits nicht mehr auf dem Festland, sondern auf der weltweit größten sich in einem See befindlichen Insel. Manitoulin Island ist, ähnlich wie Bruce Peninsula, ein beliebtes Reiseziel, sobald die Temperaturen angenehm warm sind. Deswegen „existieren“ diese Regionen auch eigentlich nur den kanadischen Sommer über, denn viele der Cottages und Einkaufsmöglichkeiten stehen den Winter über leer. Die Insel ist stark geprägt durch die sich dort befindlichen Indianerreservaten und die katholische Kirche, denn auf Manitoulin steht die älteste Kirche Ontarios. Die Menschen hier sind sehr viel warmherziger und offener, als wir es aus der Stadt gewohnt sind. Beispielsweise legen sie nicht soviel Wert darauf, dass ihr Hab und Gut ausreichend geschützt ist, was schon sehr an das Kanada in den 50igern oder auch 60igern erinnert. Da wir die Erfahrung machen mussten, dass wir um diese Jahreszeit scheinbar die einzigen Auswärtigen darstellten, blieb uns der Zugang zu den meisten Touristenattraktionen verwehrt. Davon ließen wir uns aber nicht unterkriegen und stiefelten auch gerne durch „metertiefen“ Schnee, wenn es sein musste…

Bevor es dann vergangenen Montag zurück ging, stoppten wir noch im Killarney Park an der Wanderroute „The Crack“. Dieser Wanderweg scheint es, für die Normalsterblichen zumindest, so richtig in sich zu haben. Wir rechneten nämlich damit, dass wir für die gesamten sechs Kilometer 4 Stunden benötigen würden, es war auch nicht wirklich Wandern, vielmehr fühlte es sich nach dem Auskundschaften unbekanntem Terrain an. Über Felsvorsprünge und durch Felsrisse hindurch sind wir hinauf geklettert bis zum „Crack”. Übersetzt heißt das „Riss“ und so sah das dann von oben auch aus. Es gab Riesenrisse von einem Felsen zum anderen. Letzten Endes waren wir aber trotzdem schon nach nicht einmal einer Stunde am Ziel, dem höchsten Punkt der Wanderroute, angelangt.